80 Jahre nach Hiroshima und Nagasaki
Zum 80. Jahrestag der Atombombenabwürfe reflektiert Direktor Georg Hoffmann über Erinnerung, Verantwortung und die bleibende Relevanz von Hiroshima und Nagasaki für unsere Gegenwart.
Am 6. und 9. August 2025 jähren sich die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki zum 80. Mal. Zwei Ereignisse, die das Ende des Zweiten Weltkriegs einleiteten – und gleichzeitig den Beginn eines neuen Zeitalters markierten: des atomaren Zeitalters. Für Georg Hoffmann, Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums (HGM), ist diese historische Zäsur nicht nur ein Forschungsthema, sondern Teil einer langjährigen persönlichen Auseinandersetzung.
Sein erster Berührungspunkt mit atomarer Bedrohung war nicht Hiroshima, sondern der Reaktorunfall von Tschernobyl. Er war sieben Jahre alt, als die Katastrophe 1986 geschah. Damals begann er sich mit den Auswirkungen von Atomunfällen zu beschäftigen – ein Interesse, das ihn nie mehr losließ. In seinem späteren Geschichtsstudium stand dann der Luftkrieg im Zentrum – und mit ihm zwangsläufig auch die Atombombe als „trauriger Höhepunkt“, wie er es nennt.
Georg Hoffmanns Sicht auf Hiroshima und Nagasaki hat sich über die Jahre zwar erweitert, aber in ihrer Grundhaltung nicht verändert. Besonders eindrücklich erscheint ihm die Frage nach der Wahrnehmung der Piloten, die die Bomben abwarfen. Viele von ihnen empfanden zum Beispiel keinen Schock.
„Das hat mich sehr beschäftigt, wie man so einen Moment erlebt, in dem man merkt: Da ist jetzt eine Waffe, die die gesamte Menschheit vernichten kann. Und diese dann auch aktiviert.“
Der Einsatz von Atomwaffen veränderte nicht nur Kriegsführung, sondern auch das öffentliche Bild des Militärs. Mit dem Wissen um die globale Zerstörungskraft rückte die Vorstellung eines klassischen Krieges in den Hintergrund. Die Gesellschaft reagierte mit Protesten, besonders in den 1980er-Jahren. Gleichzeitig entwickelte das Militär die Technologie weiter. „Die Atombombe hat den Zweiten Weltkrieg beendet – aber sie war auch die absolute Grenze dessen, was Krieg sein kann", so Georg Hoffmann.
Auch 80 Jahre später ist das Thema hochaktuell. Die nuklearen Drohungen im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine zeigen, wie gegenwärtig das Bedrohungspotenzial nach wie vor ist. Internationale Abrüstungsgespräche sind selten geworden – eine gefährliche Entwicklung, wie Hoffmann betont: „Momentan gibt es kaum solche Gespräche – vor allem seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Das ist gefährlich.“
Das HGM will sich künftig intensiver mit dem Thema Atomwaffen auseinandersetzen. Geplant ist, die Thematik stärker in der Ausstellung zu verankern – möglicherweise auch durch Sonderausstellungen. Dabei geht es nicht nur um historische Fakten, sondern um das kollektive Gedächtnis: „Museen müssen diese Erinnerung bewahren – besonders, wenn ein Ereignis die Gesellschaft so stark geprägt hat und das bis heute tut.“
Ein zentraler Punkt ist dabei die Vermittlung an jüngere Generationen. Die bekannten Bilder von Hiroshima und Nagasaki sind zwar nach wie vor präsent, doch ihre emotionale Wirkung nimmt ab. Was oft fehlt, ist die persönliche Verbindung. Genau dort will das HGM ansetzen: durch das Erzählen individueller Lebensgeschichten.
„Wenn wir erkennen: 'Das hätte auch jemand wie ich sein können – gleiches Alter, ähnlicher Hintergrund‘, dann wird die Geschichte greifbarer. Ziel ist es, ein neues Bewusstsein zu fördern – fern von Moralisierung, aber mit Klarheit." Für Direktor Hoffmann braucht es eine Generation, die Atomwaffen nicht als Normalität hinnimmt, sondern aktiv abrüstungspolitische Diskussionen einfordert.
Anlässlich des 80. Jahrestags der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki widmet sich auch der ORF dem Thema. Georg Hoffmann spricht im Rahmen von „zeit.geschichte – Geschichte heute: 80 Jahre Hiroshima und Nagasaki“, mit Nadja Schmidt, Obfrau von International Campaign to Abolish Nuclear Weapons in Österreich (ICAN Austria) und Sabrina Peer von ORF am 9. August um 19:50 Uhr auf ORF III über Atomwaffen als ultimative Abschreckung und politische sowie militärische Machtdemonstration, wie groß die atomare Bedrohung heute ist und darüber, was Österreich für die Abrüstung tut.
Weitere Informationen zur Sendung finden Sie unter:
https://tv.orf.at/program/orf3/zeitgeschi5974.html
